Märchenpädagogik

Das Märchen als Hörspiel

Seit es das Hörspiel gibt, ist es beliebt, Märchen in Hörspielform zu gießen. Dabei kann man unterscheiden zwischen bloßen Märchenerzählungen und mehr oder weniger aufwändigen Hörspielinszenierungen. Bei Märchenhörspielen werden die Märchenfiguren durch ihre Sprechanteile und Stimmen als konkrete Charaktere wahrnehmbar. Trotzdem bleiben sie vage genug, sodass der Zuhörer sich die Bilder dazu selbst im Kopf erzeugen muss. D.h., dass Märchenhörspiele sehr viel stärker die Fantasie anregen als etwa eine Märchenverfilmung. In pädagogischer Hinsicht ist es sehr reizvoll, gemeinsam mit Kindern aus einem Märchen ein Hörspiel zu machen. Hierzu finden sich viele Tipps in der „Kleinen Pädagogik des Märchens“ (S. 95 ff.). Doch auch hier soll im Folgenden ein Beispiel gegeben werden, wie im Unterricht ein solches Hörspiel entwickelt werden kann. Das Projekt fand fächerverbindend statt (Deutsch und Musikunterricht) in einer Klasse fünf an einem Gymnasium.

Der Rattenfänger als Hameln als Hörspiel

Streng genommen handelt es sich bei der Rattenfängergeschichte nicht um ein Märchen, sondern um eine Sage. Aber seien wir einmal nicht zu puristisch und schauen uns die einzelnen Schritte an vom Sagentext der Brüder Grimm bis zum fertigen Hörspiel.

1.) Die Schülerinnen und Schüler erhalten zunächst das folgende Arbeitsblatt und bearbeiten die darunter stehende Aufgabe. (PDF der Rattenfänger von Hameln)

2.) In einem zweiten Schritt werden die Schülerinnen und Schüler in fünf verschiedene Gruppen gelost. Jede Gruppe hat jeweils einen der im Arbeitsblatt gekennzeichneten Abschnitte zu bearbeiten (1-5). Aufgabe ist, den knapp gehaltenen Sagentext durch längere Dialogpassagen zum Leben zu erwecken. Damit alle Schüler der Klasse später eine aktive Rolle übernehmen können, ist es wichtig, dass möglichst viele Figuren Sprechanteile haben.

3.) In einem dritten Schritt werden von den Gruppen die Texte präsentiert und nacheinander vorgestellt. Es muss nun überprüft werden, ob die einzelnen Textpassagen zusammenpassen und kleinere Veränderungen und Verbesserungen werden vorgenommen.

4.) Eine Autorengruppe tippt die Texte ab und überarbeitet sie weiter. Während das geschieht, macht der Rest der Klasse sich Gedanken zur geräuschlichen und musikalischen Umsetzung. (Tipps zur Gestaltung von Hörspielmusik finden Sie hier.)

5.) Wenn nun das Skript steht, müssen die Rollen verteilt werden. Wer keine Sprecherrolle hat, ist zuständig für Geräusche und Musik. Das Hörspiel kann nun eingeübt werden. Jetzt muss auch besonderer Wert auf die akustischen Inszenierung gelegt werden. Nun sind nur noch kleinere Veränderungen am Skript möglich, die nun von jedem Schüler eigenhändig ergänzt werden müssen.

Hier findet sich ein Beispiel, wie eine Klasse fünf aus der kurzen Originalsage ein Hörspielskript entwickelt hat. (PDF Hörspielskript Rattenfänger)

6.) Wenn nun das Hörspiel ausreichend oft geprobt wurde, kann es zur Aufführung kommen. Es kann als Live-Hörspiel vorgetragen werden (zum Beispiel in einem abgedunkelten Raum). Zusätzlich ist es reizvoll, eine Aufnahme dieses Hörspiels zu produzieren, die dann auf CD gebrannt wird. Dazu muss dann natürlich auch ein entsprechendes Cover erstellt werden.

Ein mögliches Resultat findet sich hier. Viel Spaß beim Anhören!

Download Rattenfänger-Hörspiel

Literaturhinweise

  • Bund der Kriegsblinden Deutschlands und Filmstiftung Nordrhein-Westfalen (Hrsg): HörWelten. 50 Jahre Hörspielpreis der Kriegsblinden. 1952-2001. Berlin 2001. (Aufbauverlag)

  • Fischer, Eugen Kurt: das Hörspiel. Form und Funktion. Stuttgart 1964. (Krönertaschenausgabe. 337.)






  • Rattenfänger

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